Archiv & Kommentare
Kulinarisch

Knoblauchwolke gegen Schlechtwetter

Copyright: leider unbekannt
Kaum nach München zurückgekehrt musste ich ein Rezept gegen den unangenehmen Temperatursturz finden. Leider kenne ich den Namen des Autors dieses schönen Provence-Kochbuchs nicht mehr, das mir vor etwas mehr als zehn Jahren in Aix-en-Provence den ein oder anderen kulinarischen Höhenflug bescherte.
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Rakija mit Heilkraft

Copyright: Fritz Niemann
Gestern trafen wir Trifun, den wir aus dem Hotel de Niro kennen, auf einen Cafe. Er hatte mir erzählt, dass er manchmal selbst Rakija herstellt, da sein Cousin einen Weinberg hat. Das beliebte makedonische Feuerwasser Rakija enthält im Gegensatz zu seinem türkischen Namensvetter kein Anis. Mit der serbischen Keule Slivovitz hat er auch nichts zu tun, denn der wird aus Zwetschken hergestellt. Der makedonische Rakija besteht aus Trauben (und ihren Abfällen), er ist also genauso wie der italienische Grappa ein Tresterbrand. Rakija gibt es in zwei Farbvarianten - durchsichtig und gelb. Der gelbe Rakija erhält seine Farbe durch die Lagerung im Fass - ein Barriqueschnaps. Laut Trifun brennen fast alle Leute hier ihren Schnaps selber. Netterweise zeigte er uns auch, wo. Wir fuhren mit seinem Auto in Richtung Prilep in die Vorstadt von Bitola und dort - ganz unauffällig - im Keller eines Einfamilienhauses am Ende einer Gasse, da war sie: die Brennerei.Copyright: Fritz Niemann
Der Herr oben rechts im Bild, offensichtlich der Eigentümer, schien wenig begeistert über unseren Besuch, dafür war sein Brennmeister sehr freundlich und erklärte uns alles. Zuerst wird aus den Trauben Wein hergestellt - was dann übrig bleibt, kommt in den Brennschober (oben links im Bild), darunter brennt ein Feuer. Der Schober ist luftdicht, sonst würde alles zu Essig werden. Das Ganze wird dann durch das lange Rohr und eine von kalten Wasser gekühlte Spirale heruntergekühlt und fließt langsam in ein Fass - und fertig ist das Wässerchen. Zu diesem Zeitpunkt hat es noch rund 60 Prozent Alkohol, wie anhand der Messung festgestellt wurde. An dieser Stelle schritten wir zur Kostprobe - auf nüchternen Magen war der Jungrakija ein echtes Geschoss, dass seine Wirkung nicht verfehlte, aber wirklich gut. Eigentlich wird er auch erst konsumiert, wenn sein Alkoholgehalt bei rund 50 Prozent liegt. Das Brennen zum Selbstgebrauch ist übrigens legal und noch steuerfrei - nach einem zukünftigem EU-Beitritt Makedoniens wird sich das leider ändern. Davon können die Bulgaren ein Lied singen, die seitdem sie Mitglied der Europäischen Union sind, pro Liter Selbstgebranntem 1,10 € an den Staat abdrücken müssen.Copyright: Fritz Niemann
Der Brennmeister erklärte, dass er rund 50 Liter Rakija pro Jahr herstelle und die nur für sich, Freunde, Familie und Besucher verwende. Dass sein zufriedener Gesichtsausdruck auf die Heilkraft seines Selbstgebrannten zurückzuführen war, kann hier nur vermutet werden. Trifun erzählte, dass der beste Rakija entstünde, wenn man verschiedene Traubensorten miteinander vermische und so eine Cuvée produziere. Am Günstigsten seien starke Rotweintrauben wie Vranec, die es sowohl auf Bitolas Markt wie auch auf den Weinbergen außerhalb der Stadt gäbe. Genug gehört - wenn die Zeit reif ist, werden wir traubenbepackt in die Brennerei zurückkehren. Übrigens wird der Rakija in Makedonien meist zur Vorspeise, z.B. zum Salat genossen - Nasdrawje!
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Gastrotest: Šape's Restaurant

Copyright: Fritz Niemann
Wir hatten gehört, dass es unmittelbar neben dem im Jahre 2004 eröffneten griechischen Konsulat ein gutes Restaurant geben solle. Da wir nicht wussten, wo sich das besagte Konsulat befindet und es in Strömen regnete, fragten wir einen Taxifahrer, der uns mit großer Geste und Hinweisen auf das regnerische Wetter zu verstehen gab, dass es günstiger sei, den Weg mit ihm zurückzulegen. Gesagt, getan. Er fuhr dann los, bog links ab und nach ungefähr 45 Metern Fahrtstrecke hatten wir unser Ziel erreicht. Der Fahrpreis betrug 20 Denar, was ungefähr 6 Cent sind. Warum nicht. Das Restaurant war fast leer, nur das Wachpersonal des Konsulats hatte es sich bei einem Bier gemütlich gemacht. Der sehr freundliche Kellner erklärte uns, dass wir auf die Karte verzichten könnten, da sie in kyrillischer Schrift verfasst sei und dass die angebotenen Gerichte Spezialitäten aus Krusevo seien, einer Stadt die ungefähr 50 Kilometer nördlich von Bitola entfernt liegt. Das Restaurant füllte sich nun schlagartig und eine bemerkenswerte Livecombo begann zu spielen. Wir vertrauten dem Kellner, bestellten den obligatorischen Alexandria und ließen uns von seiner Auswahl überraschen. Als kleine Reverenz an das osmanische Erbe gab es gefüllte Weinblätter, eine sehr frische Salatplatte und Wurst vom Grill. What a wurst, dachte ich nur - ellenlang, knusprig gegrillt, köstlich. Dazu eine Art Bruschetta mit Chilipulver bestreut. Die Musik wurde munterer, der Laden war mittlerweile proppenvoll und auch der griechische Konsul, ein gewaltiger, den Sinnesfreuden sichtlich zugeneigter Mann, ließ es sich nicht nehmen, auf einen Ouzo vorbeizuschauen. Den tranken wir dann auch noch und verließen das Restaurant mit einem Zufriedenheitsgefühl, dass sich so nur nach einem gelungenen Mahl einstellt. Für die verschiedenen Gerichte, den Wein und die musikalische Untermalung bezahlten wir zu zweit etwas über 600 Denar, was ungefähr zehn Euro sind. Das Essen bei Šape war das Beste, das wir bisher in einem Restaurant in Bitola gegessen haben. Wir werden wiederkehren.

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In Vino - Rot

Copyright: Fritz Niemann
Ohne es zu wissen, haben vermutlich schon einige Leser dieses Blogs makedonischen Wein getrunken - immerhin liegt Makedonien auf der Liste der Nationen, die Wein nach Deutschland liefern, auf dem vierten Platz. Von den jährlich mehr als 200.000 Tonnen exportierten Weins landet die Hälfte - mit anderen Sorten vermischt - unter einem anderen Label in deutschen Supermarktregalen und kann so gar nichts dazu beitragen, dem makedonischen Wein zu größerer Bekanntheit zu verhelfen. Das ist schade, denn die Weine hier sind überraschend gut und sauber. Hauptanbaugebiet ist das Tikveš-Tal, wo schon zu Zeiten Alexanders des Großen Trauben angebaut wurden. Was den makedonischen von anderen europäischen Weinen unterscheidet: ihm werden kaum Zucker und Sulphite zugesetzt, weshalb sich ein eventueller Kater nur nach dem Konsum exorbitanter Mengen einstellt, was in mehreren Praxistests nachgewiesen werden konnte. Größter Weinproduzent des Landes ist die Tikveš-Kellerei, deren Hauptprodukte "Alexandria" und "T´ga za Jug", was "Sehnsucht nach dem Süden" heisst, in jedem Restaurant und jedem größeren Supermarkt angeboten werden. "T´ga za Jug" ist der Titel eines elegischen Gedichts ("Gebt mir Adlersflügel, daß ich in die Heimat entschwinde"), das der Poet Konstantin Miladinov 1860 im hundskalten Moskau schrieb. Der "Alexandria" ist ein angenehmer, trockener Cabernet Sauvignon, der ein Essen gut begleitet und mit dem man auch sonst nicht viel falsch macht. Wer wirklich "Sehnsucht nach dem Süden" verspürt, sollte wissen, dass dieser Wein einem Flug mit offenem Mund in ein Erdbeerfeld gleicht - nichts für Liebhaber trockener Weine und somit nichts für den Verfasser dieser Zeilen.
Copyright: Fritz NiemannCopyright: Fritz NiemannCopyright: Fritz Niemann
Die Weintradition in diesem Landstrich wurde nicht einmal unter der Herrschaft Osmanen unterbrochen, da der Traubenanbau bei ihrer Ankunft schon viel zu verbreitet war, um verboten zu werden - so fand er einige Jahrhunderte lang nur versteckt hinter den Mauern der Klöster statt, was ihm offensichtlich nicht geschadet hat. Da dem Wein fast kein Zucker zugesetzt wird, sind die meisten Sorten trocken (bis auf die Sehnsucht) und natürlich haben wir unseren Praxistest ausgeweitet. Sehr wohlschmeckend ist die Special Selection aus dem Hause Tikveš (links), die zwar auch ein Vranec ist, aber dieses Mal - erfreulicherweise - staubtrocken. Bovin ist der renommierteste Weinproduzent des Landes, ansässig in Negotino mitten im Tikveštal. Der Pinot Noir (rechts) würde eine Dekantierung verdienen und entfaltet seine Reize erst nach einer halben Stunde - dann aber ist es ein reicher, tanninhaltiger und sehr interessanter Tropfen, den wir gerne wieder trinken werden. Unser bisheriger Favorit aber ist ein Merlot mit Namen "Popov" (mitte) von einem Familienbetrieb aus Sopot, natürlich auch aus dem Tikveštal (woher sonst?). Reich, rund, sauber - hervorragend. Keiner der besprochenen Weine kostet mehr als 300 Denar (=5 Euro). Für dieses Geld bekommt man aus Frankreich höchstens noch die Restprodukte einer Kooperative. Sollten Sie mal nach Makedonien kommen und Durst nach einem guten Roten verspüren, so sagen Sie einfach: Jaz mozem vino! In unserer nächsten Folge widmen wir uns den Weissweinen, aber erst, wenn es hier ein wenig wärmer geworden ist.
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Cevapcici-Döner à la bonheur


Wir haben längere Zeit nach dem perfekten Snack für Zwischendurch gesucht - und ihn endlich gefunden: den Cevapcici-Döner. Am Besten schmeckt er in einem kleinen Laden fünf Schritte vom "Mouse"-Internetcafé (Boulevard Marsal Tito, ca. 150 Meter vom Hotel Epinal Richtung Stadtpark) entfernt. Für 50 Denar stecken fünf Cevapcici frisch vom Holzkohlengrill, von Salat umhüllt, in einem ebenfalls auf dem Grill gerösteten Brot. Dazu gibt es wahlweise gehäckselte Pepperoni oder Zwiebeln und Chilipulver. Schmeckt wunderbar. Copyright: Fritz Niemann
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Gastrotest: Restaurant Grne

Copyright: Fritz Niemann
Vor ein paar Tagen trafen wir Ilja, der Multimedia und Webdesign an der technischen Fakultät von Bitola lehrt. Er brachte seine Frau und seinen dreijährigen Sohn Tomasz mit und erzählte uns einige interessante Geschichten über Makedonien. Ein Universitätsprofessor verdient 500 Euro im Monat. Davon kann man hier ganz gut leben, das ist keine Frage. Verglichen mit den schwindelerregenden Gehältern, die viele Professoren in Deutschland im Laufe ihres Lebens durch ihre zahlreichen Nebentätigkeiten zusammentragen, ist es aber dennoch wenig. Ilja sah man an, dass er ein Mann war, der gerne gut und viel isst. Deshalb fragten wir ihn, ob er einen Tipp für uns hätte. Er hatte und empfahl uns das Restaurant Grne, sehr schön neben der Jeni-Moschee am Ende des zentralen Boulevards Marsal Tito gelegen, der von den Einwohnern Bitolas auch Sirok Sokak, weite Strasse, genannt wird. Copyright: Fritz Niemann
Das Restaurant war fast voll, der Kellner wies uns einen Tisch im Nichtraucherbereich zu und gab uns sogeich zu verstehen, dass es überhaupt kein Problem sei, trotzdem zu rauchen. Er stellte drei Aschenbecher auf den Tisch, einen pro Person. Der gewölbeartige Raum wurde von einer Livecombo beschallt, die ich hier nicht als aus Musikern bestehend beschreiben möchte. Musikdienstleister oder Musikbeamte trifft es sicher besser. Mit erstarrtem Gesichtsausdruck gaben die drei uniformierten Herren, die ihre Sechziger bereits längere Zeit erreicht hatten, einen Gassenhauer nach dem anderen zum Besten (Marina, Marina, Marina...). Als ich begann zu klatschen, drehte sich der gesamte Raum nach uns um und sah uns fragend an, auch die Musiker selbst wirkten irritiert. Auch nach diesem Anfeuerungsversuch wurde die Musik nicht schwungvoller - aber eigentlich wollen wir hier ja ohnehin über das Essen im Grne sprechen. Die Speisekarte bietet einen breiten Überblick über die Spezialitäten der makedonischen Küche: vom fast schon obligatorischen Sopska-Salat über Grillfleisch in allen erdenklichen Varianten bis hin zu Forelle, die hier "Kalifornia-Trut" heisst. Der Unterschied zwischen einem Sopska-Salat und einem griechischen Salat ist in Makedonien übrigens minimal: einmal wird der Käse gerieben, das andere Mal mit dem Salat gemischt. Lisa und ich entschieden uns für Wildschwein-Ragout, Erik für Wild. Um welches Wild es sich handelte, konnte leider nicht herausgefunden haben, da unser Kellner zwar sehr freundlich, aber keiner Fremdsprache mächtig war.
Copyright: Fritz Niemann
Der in den meisten Restaurants angebotene Wein heisst entweder T´ga za jug (etwas beeriger und voller) oder Alexandria (etwas weniger vollmundig und vor allem nicht so beerig). Beide sind sie nicht schlecht - wir tranken den Alexandria und unser Kellner hatte uns mittlerweile lieb gewonnen. Er schlug sich und uns auf die Schultern und freute sich dabei. Wir auch. Das Essen war wirklich hervorragend: das Wildschwein unglaublich zart und der Salat frisch (das ist er aber immer in Makedonien). Der später gereichte Rakija rundete den Abend ab und wir waren froh, dass unser Hotel nicht weit war. Preislich liegt das Grne für mazedonische Verhältnisse im oberen Bereich, wir verbrachten einen ganzen Abend, der Leib und Seele zufriedenstellte, in diesem Restaurant und gaben zu dritt nicht mehr als vierzig Euro aus. Atmosphärisch ist noch Raum nach oben im Grne. Es ist zu hoffen, dass die Musiker bald aus ihrer Starre erwachen.

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