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Rakija mit Heilkraft

Copyright: Fritz Niemann
Gestern trafen wir Trifun, den wir aus dem Hotel de Niro kennen, auf einen Cafe. Er hatte mir erzählt, dass er manchmal selbst Rakija herstellt, da sein Cousin einen Weinberg hat. Das beliebte makedonische Feuerwasser Rakija enthält im Gegensatz zu seinem türkischen Namensvetter kein Anis. Mit der serbischen Keule Slivovitz hat er auch nichts zu tun, denn der wird aus Zwetschken hergestellt. Der makedonische Rakija besteht aus Trauben (und ihren Abfällen), er ist also genauso wie der italienische Grappa ein Tresterbrand. Rakija gibt es in zwei Farbvarianten - durchsichtig und gelb. Der gelbe Rakija erhält seine Farbe durch die Lagerung im Fass - ein Barriqueschnaps. Laut Trifun brennen fast alle Leute hier ihren Schnaps selber. Netterweise zeigte er uns auch, wo. Wir fuhren mit seinem Auto in Richtung Prilep in die Vorstadt von Bitola und dort - ganz unauffällig - im Keller eines Einfamilienhauses am Ende einer Gasse, da war sie: die Brennerei.Copyright: Fritz Niemann
Der Herr oben rechts im Bild, offensichtlich der Eigentümer, schien wenig begeistert über unseren Besuch, dafür war sein Brennmeister sehr freundlich und erklärte uns alles. Zuerst wird aus den Trauben Wein hergestellt - was dann übrig bleibt, kommt in den Brennschober (oben links im Bild), darunter brennt ein Feuer. Der Schober ist luftdicht, sonst würde alles zu Essig werden. Das Ganze wird dann durch das lange Rohr und eine von kalten Wasser gekühlte Spirale heruntergekühlt und fließt langsam in ein Fass - und fertig ist das Wässerchen. Zu diesem Zeitpunkt hat es noch rund 60 Prozent Alkohol, wie anhand der Messung festgestellt wurde. An dieser Stelle schritten wir zur Kostprobe - auf nüchternen Magen war der Jungrakija ein echtes Geschoss, dass seine Wirkung nicht verfehlte, aber wirklich gut. Eigentlich wird er auch erst konsumiert, wenn sein Alkoholgehalt bei rund 50 Prozent liegt. Das Brennen zum Selbstgebrauch ist übrigens legal und noch steuerfrei - nach einem zukünftigem EU-Beitritt Makedoniens wird sich das leider ändern. Davon können die Bulgaren ein Lied singen, die seitdem sie Mitglied der Europäischen Union sind, pro Liter Selbstgebranntem 1,10 € an den Staat abdrücken müssen.Copyright: Fritz Niemann
Der Brennmeister erklärte, dass er rund 50 Liter Rakija pro Jahr herstelle und die nur für sich, Freunde, Familie und Besucher verwende. Dass sein zufriedener Gesichtsausdruck auf die Heilkraft seines Selbstgebrannten zurückzuführen war, kann hier nur vermutet werden. Trifun erzählte, dass der beste Rakija entstünde, wenn man verschiedene Traubensorten miteinander vermische und so eine Cuvée produziere. Am Günstigsten seien starke Rotweintrauben wie Vranec, die es sowohl auf Bitolas Markt wie auch auf den Weinbergen außerhalb der Stadt gäbe. Genug gehört - wenn die Zeit reif ist, werden wir traubenbepackt in die Brennerei zurückkehren. Übrigens wird der Rakija in Makedonien meist zur Vorspeise, z.B. zum Salat genossen - Nasdrawje!