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Kemal und die Energy-DVDs

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Das Stadtmuseum von Bitola ist in der ehemaligen, von den Osmanen erbauten Militärakademie der Stadt untergebracht. Die Ausstellung ist nicht weiter erwähnenswert - neben Klamotten aus dem 19. Jahrhundert werden die wichtigsten Funde aus dem benachbarten Herikleia und ein original aufgebautes Wohnzimmer aus der Blütenzeit Bitolas gezeigt. Doch es gibt noch einen sehr aufwendig restaurierten Raum. Dieser ist dem berühmtesten Schüler der Akademie gewidmet: Mustafa Kemal Atatürk. Der 1881 in Saloniki geborene spätere Begründer der modernen Türkei drückte im ehemaligen Manastir ab 1895 für einige Jahre die Schulbank. Der Ausstellungsraum wurde zum Großteil von der türkischen Regierung finanziert - und das merkt man. Es wimmelt nur so von türkischen Flaggen und Bildern von Atatürk in heroischer Pose. Die Anzahl der vorhandenen Flachbildfernseher übertrifft vermutlich die der sonst im gesamten Stadtgebiet vorhandenen. Auf den Informationstafeln ist in türkischer, englischer und mazedonischer Sprache (in dieser Reihenfolge) zu lesen, was für ein folgsamer Schüler der Heroe gewesen sei und dass er die Akademie als Jahrgangsfünftbester abeschlossen hätte, um seine akademische Laufbahn anschließend ab 1899 an der Kriegsakademie in Istanbul fortzusetzen. Den Namen "Kemal" (= der Perfekte) hat ihm übrigens der Mathematiklehrer seiner Schule in Saloniki verliehen, da er in diesem Fach so brillierte. Aber genug der Geschichte jetzt.
Copright: Fritz Niemann
Lisa und ich trafen uns dann wieder bei "Energy-DVDs". Der Laden gehört Emir und Emir verkauft eigentlich Rohlinge, Kabel und Mikrophone. Sein Kerngeschäft befindet sich aber in seinem Schrank: Emir kann - laut Eigenwerbung - jeden Film auf DVD besorgen. Jeden. Alle vorrätigen Filme kosten 30 Denar (ca. 50 Cent), jeder bestellte Film 70 Denar (ca. 1,10 €). Das Geschäft scheint zu florieren: In dem toilettengroßen Laden tobt der Bär und es herrscht ein munteres Kommen und Gehen. In seinem Computer sind alle Werke katalogisiert. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist, ob ein Film von der Original-DVD kopiert wurde oder von einem von Emirs Kumpels im Kino abgefilmt - was, wie man sich vorstellen kann, die schlechtere Variante ist. Wir entschieden uns gestern für "The last King of Scotland" über Idi Amin und bestellten noch sechs andere Werke, die immer pünktlich bis zum Mittag des kommenden Tages geliefert werden. Dann gingen noch kurz eine der guten Pizzen im DeNiro essen und machten uns dann auf den Nachhauseweg, um dort den "Diplomat" zu entfachen und den - spannenden - Film zu sehen.